Immer wieder stolpere ich über das Thema Minimalismus in der Fotografie.
Sei es in Diskussionen in Social Media, oder auch bei einem regen Austausch unter Fotografen. Allein das Wort lässt mich sofort aufhorchen und weckt mein Interesse, da ich selber sehr gerne minimalistische Bilder mache und selbige auch gerne betrachte. Gleichzeitig merke ich aber auch oft, wie solche Bilder vor allem in Social Media unterzugehen scheinen, da sie eben nicht „groß, bunt scharf“ sind und im Vergleich ggf. auf den ersten Blick „langweilig“ wirken. Daher möchte ich Euch an meinen Gedanken zu Minimalismus in der Fotografie teilhaben lassen.
Was ist eigentlich ein minimalistisches Foto?
Diese Frage lässt sich pauschal nicht klar beantworten, da jeder Fotograf dies mit Sicherheit etwas anders interpretiert und sich etwas anderes darunter vorstellt. Das ist aber auch gut so, da wir ansonsten am Ende (überspitzt gesagt) nur schwarze oder weiße Farbflächen ohne Motiv zu sehen bekommen würden. Viel mehr oder in diesem Falle weniger geht nicht. Es kann aber auch durchaus farbig sein, oder einen Minimalismus über die Unschärfe erzielen.
Für mich ist ein minimalistisches Foto einfach gesagt ein Foto, welches auf das Wesentliche, die Essenz, reduziert ist. Das bedeutet aber nicht zwangsweise, dass möglichst wenig darauf zu sehen ist, oder einen das Motiv „anspringt“. Dazwischen gibt es so viele Facetten, welche ein Foto für mich minimalistisch machen: So kann es hell oder dunkel sein, ein Wald darauf zu sehen sein, oder auch ein einzelner Baum, ein einzelnes Tier, oder auch ganz viele.. gerne auch kombiniert, wie z.B. ein helles Foto mit vielen Tieren. Äußere Einflüsse spielen ebenso eine Rolle, wie die Fototechnik. Die Klassiker Nebel und oder Schnee reduzieren eine Szene oft auf das Wesentliche, ebenso kann z.B. eine Langzeitbelichtung am Wasser einen ähnlichen Effekt haben.
Gefühlt sind sind minimalistische Bilder eigentlich auch immer „Leise“ bzw. „Ruhig“, aber nicht unbedingt einfach. Es ist für mich gar nicht so leicht „das minimalistische Bild“ pauschal zu klassifizieren, aber muss man das immer? Neben dem rein visuellen spielt vor allem auch das Gefühl, bzw. die Emotion, welche so ein Bild weckt eine große Rolle:
Emotion
Fast schon automatisch bleibe ich an einem Bild hängen: Es ist hell mit wenig Kontrast, es gibt nur wenig zu sehen, aber gleichzeitig doch einiges. Der Blick wandert langsam suchend von dem Runden in der Mitte zu den Seiten und wieder zurück.
Ich tauche ab, lasse meine Gedanken schweifen und vergesse für einen kurzen Moment die Welt um mich herum. In meinem Kopf wird es still, alles Unwichtige tritt beiseite. Das Rauschen wird leiser, bis langsam Ruhe einkehrt. Aus House wird Ludovico Einaudi. Es ist fast so, als würde mir das Bild dabei helfen meine Gedanken zu sortieren und zu fokussieren. Eher nebenbei und „im Hinterkopf“ versetze ich mich gedanklich in die Situation vor Ort, um noch besser in das Bild eintauchen zu können. Ich genieße die Ruhe und lasse diese auf mich wirken. Klingt schräg, oder?
So geht es mir oft, wenn ich mir minimalistische Bilder ansehe. Einfach abtauchen und genießen. Selbst beim Fotografieren selbiger blende ich unbewusst alles aus. Ich kann mich nicht z.B. an störenden Straßenlärm oder die Kälte, Wind, etc. erinnern. Nur an das Foto und die Ruhe.
Kann es zu minimalistisch sein?
Ja, defintiv. Es ist schon oft vorgekommen, dass ich vor Ort Kompositionen immer weiter abstrahiert habe und am Ende super zufrieden war. Zuhause angekommen frage ich mich dann auch manchmal, was ich da eigentlich fotografiert habe und wo eigentlich das Motiv geblieben ist.
Ein wenig Kontrast bzw. ein klares Motiv, bzw. Motive, an dem das Auge hängen bleibt braucht so ein Foto. Als Beispiel hier ein Foto einer Gans im Morgennebel, die mit den Flügeln schlägt. Es könnte auch als Testbild durchgehen, ob Euer Monitor feinste Graustufen abbilden kann 😉
Minimalismus und Social Media
Ein Punkt, der mich in letzter Zeit öfter beschäftigt: Minimalistische Bilder gehen oft in Social Media (allem voran Instagram) unter. Oft zu erkennen an weniger Likes, Daumen, Herzchen und was es da sonst noch alles zu gibt. Ich habe lange über mögliche Gründe nachgedacht, am Ende ist es aber meiner Meinung nach ziemlich einfach: Es liegt am Medium Social Media (nicht wertend gemeint). In der Regel schenken wir einzelnen Bildern dort nur wenige Sekunden Aufmerksamkeit und sehen viele Hintereinander. Hier erzeugt ein „groß / bunt / scharf“ Foto mehr Aufmerksamkeit, da man nicht so darüber nachdenken muss. Dazu kommt natürlich die Ausgabegröße, die meist der Handybildschirm ist und nicht die ganzen Details des Fotos direkt zeigt. Was wir aber auch gelernt haben: nicht jeder lässt sich davon abhalten und gibt einzelnen Bildern gerne mehr Zeit, um sie wirken zu lassen – vielleicht sucht man ja auch etwas Kontrast zu den anderen Fotos.
Minimalistische Bilder gehören, so finde ich, hochwertig gedruckt an eine Wand in einem schönen Raum (oder in einen hochwertigen Bildband), wo sie in Ruhe wirken können und den Betrachter in den Bann ziehen können. So können sie in Ruhe ihre Geschichte erzählen.
Da dies aber nicht immer möglich ist und wir dennoch unsere minimalistischen Bilder zeigen möchten, gibt es in unserem Instagram Feed seit längerem den Minimalismus Mittwoch. Hier geben wir jeden Mittwoch einem Bild den nötigen Raum und zeigen einfach, was uns gefällt. Bei Euch kommt das Ganze ja auch gut an. Vielen Dank an dieser Stelle!
Und Ihr so?
Mögt Ihr minimalistische Fotos? Welche Gefühle wecken diese bei Euch? Hattet ihr ähnliche Erlebnisse beim Fotografieren? Würdet Ihr gerne mehr darüber wissen, wie wir solche Bilder machen? Oder ist es euch einfach „zu wenig“ auf dem Bild? Schreibt uns gern!
Ich bin ein riesen Fan davon, wie man vielleicht rauslesen konnte, und freue mich jedes mal, wenn ich etwas neues in der Richtung entdecke!
Euer Daniel
naturgezwitscher
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Martin Rundfeldt
Posted at 21:20h, 24 JuniHey Daniel, schön geschrieben und tolle Bilder dazu ausgewählt. Ich bin großer Fan gut gemachter minimalistischer Bilder, muss dir aber auch voll zustimmen – am besten wirken sie groß, idealerweise ausgedruckt. Ich versuche mich immer mal wieder dran, wenn sich die Gelegenheit ergibt, aber merke immer dass auch Minimalismus gelernt sein will und das Bild nicht einfacher wird, nur weil weniger drauf ist.
Liebe Grüße!
Daniel Böttcher
Posted at 10:36h, 06 AugustHey Martin,
vielen lieben Dank für deinen Kommentar! (Irgendwie ist meine Antwort hängen geblieben)
Genau so ist es! Nur weil weniger drauf ist, muss ein Bild nicht zwingend gut oder minimalistisch sein. Oft ist es ein feiner Grat dazwischen.
Viele Grüße,
Daniel