(Fast) 4 Jahre Canon EOS R5 – Ein Erfahrungsbericht Teil 2
Im ersten Teil meines Erfahrungsberichts nach fast 4 Jahren mit der Canon EOS R5 in der Naturfotopraxis habe ich euch einiges zum Body erzählt. Heute geht es um eher um die inneren Werte der Kamera, wie die Bildqualität, Autofokus, Bildstabilisierung, etc..
Bildqualität
Nach über 100.000 Bildern mit der R5 kann ich nichts Negatives zur Bildqualität berichten – im Gegenteil. Meine damalige Befürchtung, dass die 45 Megapixel bei höheren ISO Werten stark rauschen und den Auflösungsvorteil zunichte machen hat sich nicht bewahrheitet. Zumal es mittlerweile auch echt gute Programme zum Entrauschen gibt. Die Farbwiedergabe leidet ein wenig bei hohen ISO Werten, es sind aber erstaunlich viele Details zu sehen. Bis ISO 3200 finde ich die Dateien noch sehr gut. Die Farben und Charakter sind Canon typisch und bei passenden Objektiven löst der Sensor enorm gut auf, ohne zu Moiree zu neigen.
Je nach gewählter Verschlussart hat die Kamera übrigens zwischen 12 und 14 Bit Farbtiefe. Die 12 Bit (elektronischer Verschluss) machen sich vor allem im High ISO Bereich bemerkbar.
Gefühlt hat nach den knapp 4 Jahren allerdings die Anzahl von Hotpixeln zugenommen. Belegen kann ich dies aber nicht.
Die Technik
Der Autofokus
Hier muss ich mit dem Autofokus anfangen. Dieser hat im Vergleich zu allem vorherigen einen wirklich enormen Sprung gemacht und ist nicht vergleichbar mit einer DSLR oder auch der EOS R. Er ist so zielsicher, genau und intelligent – das hat mich damals echt umgehauen. Sicher ist er nicht perfekt, aber wirklich enorm gut. Auch heute noch, wo es einige Konkurrenz und neuere Versionen / Kameras gibt. Man kann natürlich das Verhalten auf die eigenen Bedürfnisse einstellen oder auch verstellen, die verschiedenen Cases sind aber eine gute Basis. Wichtiger ist da die richtige Wahl des AF Feldes und Modus.
Gerade die Erkennung bei Tieren ist wirklich gut. Sie ist auch nicht nur auf Vögel und Hunde / Katzen begrenzt, sondern kann eine Vielzahl von anderen Säugetieren erkennen. Durch die Staffelung aus Körper / Kopf / Auge findet der Autofokus eigentlich immer das Motiv. Bei viel „Unruhe“ im Bild muss man mit dem Spot Autofokusfeld oder auch manuell etwas nachhelfen.
Ich arbeite mit dem „Back Button AF“ System, sodass ich 2 Modi direkt zur Verfügung habe: Tiererkennung mit Startfeld und Einzelfeld AF. Ich fokussiere meist erst mit dem Einzelfeld vor und schwenke dann auf den anderen Knopf über mit der Tiererkennung.
Systembedingt gibt es auch einen Nachteil, der mit neueren Softwareupdates aber ein wenig gemildert / verbessert wurde: Die Kamera kann nicht in die Tiefe sehen, weiß also nicht, ob ein Motiv auf die Kamera zukommt, oder sich davon entfernt. Eine DSLR kann dies erkennen.
Das führt in der Praxis ab und an dazu, dass der AF das Motiv verliert oder im ersten Moment nicht richtig anvisiert und erstmal in den Nahbereich fährt und dann wieder zurück.
Den „Biss“ oder auch „Punch“ einer 1D oder auch EOS R3 hat sie bei der Reaktionsfähigkeit des AF nicht. Hier ist sie einen Hauch langsamer und träger. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau, Nutzer einer 1D oder R3 werden aber wissen, was ich meine.
Serienbilder
12 Bilder/sekunde mit mechanischem Verschluss und 20 Bilder/sekunde mit elektronischem Verschluss (nicht reduzierbar) sind für das meiste mehr als ausreichend und eine sehr gute Basis. Rolling Shutter Effekte gibt es zwar in bestimmten Situationen, in der Naturfotografie hatte ich damit aber bisher keine Probleme. Mit einer schnellen CF Express Speicherkarte kann man deutlich mehr Bilder in Reihe machen, als Canon angibt. Ebenfalls sind diese recht schnell weggeschrieben und die Kamera wieder voll Einsatzfähig. Die SD Karte ist da deutlich langsamer (sofern man nicht oft und viele Serienbilder macht, aber kein Problem). Seit geraumer Zeit nutze ich das cRAW Format, da hier die Datenmengen in etwa halb so groß sind und die Bildqualität praktisch gleich zum RAW Format ist.
Bildstabilisierung
Die Bildstabilisierung ist eine Wucht! Mit manchen Objektiven kann man über 8 Blenden stabilisieren. Natürlich hängt dies von der Brennweite und der jeweiligen Tagesform ab. Da ich bekennender Stativmuffel bin, vertraue ich gerne auf die Stabilisierung. 2s Belichtungszeit Freihand sind mit einem Weitwinkel oft gut möglich, viel mehr brauche ich meist auch gar nicht (z.B. bei der Bachfotografie). Auch ausserhalb von diesen extremeren Fällen ist die Stabilisierung sehr nützlich – das Sucherbild ist schön ruhig, und das Verwackeln wird minimiert. Desto länger die Brennweite wird, desto weniger effektiv ist der Stabilisator im Body, hier ist dann das Objektiv gefragt.
Anpassbarkeit
Man kann die Kamera ausserdem sehr gut auf die eigenen Bedürfnisse anpassen und viele Knöpfe mit eigenen Funktionen belegen – sehr gut! Hier und da hätte ich mir noch eine größere Konfigurierbarkeit gewünscht, da man nicht jede Funktion auf jeden beliebigen Knopf legen kann. Hier gibt es noch etwas Luft nach oben. Seit jeher praktisch ist auch das My Menu, wo man spezielle Funktionen aus dem Menü für einen schnellen Zugriff nach eigenen Wünschen ablegen kann. Ich habe hier z.B. die Verschlussart, HDR, Mehrfachbelichtungen und den Akkustand liegen.
Die Software
Hier hat mich Canon ein wenig enttäuscht.
Anfangs gab es in kurzen Abständen einige Softwareupdates, die vor allem die Stabilität und Kompatibilität mit Speicherkarten verbessert haben. Mittlerweile sind wir bei Version 2.0 angekommen und wirklich nützliche neue Fotofunktionen gab es für mich nicht. Einige Fehler wurden behoben und auch mit Sicherheit die Erkennung des AF etwas verbessert, aber nichts gravierendes für die Naturfotografie. Ich hätte mir hier gerne etwas mehr erwartet, wie z.B. den Modus von Nikon, wo die Kamera automatisch auslöst, wenn sie Tiere im Bild erkennt. Oder auch eine Verbesserung des Deep Learning Autofokus mit einer besseren Erkennung. Die R6 Mark II kann z.B. Pferdeähnliche erkennen, was bei Rehen und Hirschen nützlich ist. So erkennt sie hier deutlich besser die Augen und den Kopf.
Vom Menü her ist es das bekannte Canon Menü, das passt für mich sehr gut.
Fazit & Zukunft
Lange Rede, kurzer Sinn? Naja nicht ganz. Die Canon EOS R5 begleitet mich nun schon fast 4 Jahre im Naturfotoalltag und es ist meine mit Abstand meistgenutzte Kamera. Ich glaube es ist sogar die Kamera, die ich am längsten am Stück besitze. Das sagt eigentlich schon alles. Parallel nutze ich noch die R3, welche für mich in der Tierfotografie bedeutende Vorteile hat, aber als Hauptkamera ist es nach wie vor die R5.
Sicherlich ist sie nicht ohne ihre Macken und Fehler, aber sie liefert nach wie vor tolle Bilder und hat mich bisher auch noch nicht im Stich gelassen. Sie kann alles gut-sehr gut, in manchen Bereichen gibt es aber Spezialisten, die es noch besser können.
Ein richtig großer Wurf von Canon, eine super Allroundkamera!
Der Body ist von der Form und Ergonomie her super, könnte aber ein wenig größer sein und etwas größere und beleuchtete Tasten haben. Dazu wäre ein besserer Wetterschutz, sowie ein nicht mehr beschlagender Sucher toll. Bei der Bildqualität kann man in Zukunft mit Sicherheit noch etwas herausholen, vor allem in höheren ISO Bereichen kombiniert mit einer höheren Farbtiefe. Stand heute ist sie aber nach wie vor sehr gut.
Der Autofokus kann natürlich noch etwas besser und intelligenter werden. Hier merkt man der R5 so langsam ihr Alter an, da neuere Modelle schon einige Funktionen und Fähigkeiten dazugewonnen haben.
Zukunft
Der Nachfolger sollte für mich folgende Dinge besser machen:
- Wetterfestigkeit / kein beschlagender Sucher
- Autofokus inkl. Preburst und intelligenteren Funktionen mit besserer Erkennung
- Body etwas größer mit etwas größeren beleuchteten Tasten
- Regelmäßige Software bzw. Feature Updates
- weiterhin Mehrfachbelichtungen im RAW Modus! (Die R5 kann das, jedoch die aktuellen neueren Kameras von Canon nicht!)
- nach oben klappbares Display
Und Ihr so?
Wollt ihr noch etwas zu der Kamera wissen? Habe ich etwas vergessen? Wie sind eure Erfahrungen mit der Kamera? Schreibt es gerne in die Kommentare!
naturgezwitscher
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